Es gibt fast eine halbe Million Pflanzenarten, und es sind noch lange nicht alle bekannt. Aber bloß 15 von ihnen liefern 90 Prozent der pflanzlichen Kalorien in unserer Ernährung.
MONOPOL
Die Globalisierung hat die Expansion des Markts für patentiertes Saatgut vorangetrieben und seine Kontrolle durch eine sinkende Zahl immer größerer Saatgutunternehmen ermöglicht.
Nur drei Unternehmen kontrollieren fast die Hälfte des Markts für patentiertes Saatgut, der dem Wert nach 82% des gesamten weltweiten Saatgutgeschäfts repräsentiert.
Mit einem Anteil von 87% an den Anbauflächen dominiert Monsanto das Geschäft mit gentechnisch verändertem Saatgut.
1996 gehörte Monsanto nicht einmal zu den zehn größten Saatgutfirmen. Dann akquirierte das Unternehmen die Saatgutsparten von Cargill, Advanta, Seminis und Delta Pine and Land. Bald darauf begaben sich auch DuPont und Syngenta auf Einkaufstour.
Seit der Gründung der Welthandelsorganisation 1995 wurden Patentrechte auf Saatgut zunehmend durchsetzbar und damit lukrativer.
Die sechs größten Agrochemie-Unternehmen der Welt sind auch große Saatgutfirmen; die Nachfrage auf beiden Märkten stützt sich wechselseitig.
MONOKULTUR
Der Großteil der verbleibenden genetischen Vielfalt entfällt auf wild wachsende Pflanzen. Wildsorten sind unabdingbar für die Verbesserung und Anpassung von Kulturpflanzen. Mit der Zurückdrängung der unberührten Natur und der Expansion der industriellen Landwirtschaft ist die genetische Vielfalt der Kulturpflanzen jedoch zurückgegangen.
Einförmigkeit
Seit Beginn des 20. Jahrhunderts gingen bereits 75% der genetischen Vielfalt der Kulturpflanzen verloren, jährlich verschwinden weitere 2%.
75% der Reisernten in Indien stammen heute von bloß einem Dutzend Sorten. Früher wurden 30.000 angebaut.
80% der Maissorten, die in den 1930er Jahren in Mexiko angebaut wurden, sind verschwunden.
90% der Weizensorten, die vor 100 Jahren in China angebaut wurden, gingen verloren.
Seit Beginn der Aufzeichnungen sind möglicherweise bereits 600 Pflanzenarten ausgestorben.
Verwundbarkeit 3)
Genetische Einförmigkeit erhöht die Verwundbarkeit von Kulturen gegenüber Schädlingen, Pflanzenkrankheiten und Klimawandel. Nachfolgend einige Informationen aus einem aktuellen FAO-Bericht:
Genetische Verwundbarkeit gilt in 60 Ländern als Bedrohung der Landwirtschaftsproduktion.
Die Variante Ug99 des Getreideschwarzrost, die den Großteil der existierenden Weizensorten befallen kann, breitet sich weltweit weiter aus.
In China wird eine zunehmende Einförmigkeit von Reis- und Maissorten beobachtet.
Im Libanon wird der Rückgang der Mandelernten auf die genetische Verwundbarkeit der wenigen Mandelbaumsorten des Landes zurückgeführt.
In Madagaskar ist die für ihren Geschmack geschätzte Reissorte Rojomena bereits selten; die Botojingo- und Java-Sorten der nordöstlichen Küstenregionen sind verschwunden. Einige wilde Yamswurzel-Sorten gelten ebenfalls als vom Aussterben bedroht.
In Indien werden zahlreiche Reissorten in Orissa, Reissorten mit medizinischen Anwendungen in Kerala und einige Hirsesorten in Tamil Nadu nicht mehr in ihren ursprünglichen Habitaten angebaut.
Aus Jemen wird berichtet, dass Fingerhirse-Sorten sowie Rapssorten, wichtige traditionelle Kulturpflanzen, nicht mehr oder nur mehr in wenigen Gebieten angebaut werden.
In Albanien könnten bereits sämtliche einheimischen Weizen- und Maissorten ausgestorben sein.
VIELFALT
Die weltweite Landwirtschaft ist jedoch nicht von kommerziellem Saatgut abhängig – noch nicht jedenfalls.
Drei Viertel aller Bäuerinnen und Bauern der Welt bauen nach wie vor lokal gezüchtete Sorten an und/oder gewinnen ihr Saatgut selbst. (1)
85% der weltweit produzierten Nahrungsmittel werden in der Nähe ihres Anbaugebiets konsumiert. (1)
In Kuba hat die Einführung einer großen Vielfalt von Sorten und unterschiedlicher Anbaumethoden die genetische Verwundbarkeit reduziert. (3)
Thailand fördert eine größere Sortenvielfalt bei Züchtungsprogrammen und im Anbau. (3)
Zehn Jahre nach der Einführung des ersten gentechnisch veränderten Saatguts wurde erst Saatgut für vier Kulturpflanzen (Mais, Soja, Raps und Baumwolle) und mit zwei Eigenschaften (Toleranz gegenüber Pestiziden und Insektenresistenz) kommerziell verbreitet; 90% der weltweiten Anbauflächen gentechnisch veränderter Pflanzen entfallen auf nur vier Länder (USA, Kanada, Argentinien, Brasilien). (4)
Die Arche(3)
Genetische Ressourcen werden weltweit in lokalen, nationalen, regionalen und internationalen Genbanken gesammelt und aufbewahrt. Die vier größten nationalen Genbanken befinden sich in China, den USA, Indien und Russland.
Die weltweit größte Samenbank für wildlebende Pflanzenarten ist die vom königlichen botanischen Garten in London betriebene Millennium Seed Bank in Wakehurst Place. Derzeit umfasst die Sammlung mehr als 1,65 Mrd. Samen von 27.651 Arten. Bis 2020 sollen 25% aller (auf 300.000 geschätzten) Samenpflanzen erfasst werden.
Die größte Sammlung genetischer Ressourcen für die Land- und Forstwirtschaft auf internationaler Ebene befindet sich in den Genbanken der CGIAR (Consultative Group on Agricultural Research), einem Netz von 16 unabhängigen Forschungsinstituten in Entwicklungsländern. Zusammen mit der Genbank des World Vegetable Centre in Taiwan umfasste die – wachsende – Sammlung 2008 741.319 Einzelbestände von 3.446 Arten und 612 Gattungen. Fast die Hälfte davon entfällt auf Getreidesorten, vor allem Weizen, Reis, Gerste und Mais.
1) Who Owns Nature? Corporate power and the final frontier in the commodification of life, ETC Group, Communiqué, Issue 100, November 2008, www.etcgroup.org.
2) Exploring the Global Food Supply Chain: Markets, companies, systems, 3D, Backgrounder No 2, THREAD series, Mai 2010, www.3dthree.org
3) State of The World’s Genetic Resources, FAO 2009
4) International Service for the Acquisition of Agri-Biotech Applications (ISAAA), www.isaaa.org
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Vielfalt in Österreich
In Österreich setzt sich der Verein Arche Noah, Gesellschaft für die Erhaltung der Kulturpflanzenvielfalt & ihre Entwicklung seit 20 Jahren für den Erhalt alter Kulturpflanzen ein. Die Arche Noah betreibt im niederösterreichischen Schiltern einen viel besuchten Schaugarten, unterhält ein reichhaltiges Sortenarchiv mit Samen, Zwiebel und Knollen von Kulturpflanzen aus den Bereichen Gemüse, Getreide, Hackfrüchte, Kräuter und Rohstoffpflanzen sowie Zierpflanzen. Darüber hinaus baut ein Netzwerk von so genannten „ErhalterInnen“ gefährdete und seltene Pflanzen in ihren eigenen Gärten an („in situ-Erhaltung“). Sie geben Samen und Pflanzmaterial auch an andere Menschen weiter. www.arche-noah.at